Rettet das „Für“

Es gibt Wörter, die haben ihre Tücken. Als langjähriger Zeitungsjournalist habe ich so meine Erfahrungen mit dem Wörtchen „für“. Vor allem Überschriften laden dazu ein, es zu benutzen. „Haftstrafe für Einbrecher“ – „Mehr Geld für Kommunen“ – „Neuer Fußweg für Meierstraße“ – „Lange Wartezeit für Patienten“ – und so weiter. Es ist nicht abwegig, dass solche oder ähnliche Überschriften auf einer Zeitungsseite gleich mehrfach vorkommen. Dass das den Lesern auch auffällt und sie sich dann fragen, ob die Zeitungsmacher auch noch andere Worte als für kennen, liegt auf der Hand. Und an manchen Tagen zog sich das wie eine Seuche durch das Blatt. Bei der täglichen Zeitungskritik fiel es besonders auf. So kam es, dass ich sogar das eine oder andere Mal „Für“-Überschriften untersagt habe.

Das galt natürlich nicht für den sonstigen Gebrauch der Drei-Buchstaben-Kombination. Schließlich ist „für“ ein Bestandteil der deutschen Sprache und wohl auch eine kleine Besonderheit. Es gibt Verbindungen, in denen es unerlässlich ist. „Was für ein besonderes Spiel“ zum Beispiel. Und nicht „Was ein besonderes Spiel“. Bei einer Liveübertragung eines Fußballspiels aus der Europa League habe ich kürzlich sogar den Ton leiser gedreht, weil ich die Worte des Reportes nicht mehr hören konnte und mochte: „Was ein Pass“, rief er. Und: „Was ein Tor!“ Das nicht nur einmal oder zweimal, sondern ungezählte Male. Leider oder zum Glück konnte er meine bissigen Kommentare dazu nicht hören.

Auch in der Radiowerbung eines Autohauses ist es mir aufgefallen. „Was ein Angebot“, heißt es darin. Möglicherweise schleicht sich hier eine leichtfertige und unüberlegte Übernahme aus dem Englischen ein. „What a match“, würde es heißen. Wörtlich: „Was ein Spiel“. Aber genau deshalb übersetzen wir ja aus anderen Sprachen nicht wörtlich. Denn umgedreht käme im englischsprachigen Raum wohl auch keiner auf die Idee zu sagen: „What for a match.“

Warum machen aber wir es? Es ist schon genug, dass englische Begriffe die deutsche Sprache überschwemmen. Manchmal vielleicht durchaus sinnvoll, meistens jedoch überflüssig. Aber wir müssen Deutsch nicht zusätzlich verhunzen. Also liebe ehemalige Kolleginnen und Kollegen, liebe Reporterinnen und Reporter, liebe Kommentatorinnen und Kommentatoren, liebe Werbetexterinnen und -texter helft mit: Rettet das „Für“!

Was bin ich?

Schilder  haben oft eine unfreiwillige Komik. Da machen die Baustellentafeln an den Autobahnen keine Ausnahme. Ein  gängiger Textteil lautet dabei meist: „Wir bauen für Sie!“ Wer sich das ausgedacht hat, hatte bestimmt nur das Beste im Sinn. Manchmal hab ich allerdings das Gefühl, man baut eher gegen mich, vor allem dann, wenn  auf 100 Kilometern  gleich fünf große Baustellen von jeweils mehreren Kilometern Länge den Verkehr behindern. Es ist ja nicht so, dass ich uneinsichtig wäre. Fahrbahnen müssen erneuert werden, dass verstehe ich schon.

Warum das  jedoch an so vielen Stellen einer Strecke gleichzeitig sein muss, verstehen sicher nur  die Eingeweihten. Dem normalen Autofahrer erschließt sich das nicht.

Aber zurück zum Schild an einer Baustelle.  Unter anderem wird, wenn man von Leipzig kommt, an der Autobahn 9 kurz vor dem Berliner Ring eine Grünbrücke gebaut. Ein ziemlich breites Ding und die Bauarbeiten sind verbunden mit den entsprechenden Geschwindigkeitsbeschränkungen. Und auf der Bautafel steht prompt: „Wir bauen für Sie!“ Jetzt frage ich mich allerdings, was bin ich? Ich dachte immer, die Grünbrücken sind für die Wildtiere …

Hindernisse sind relativ

Da fährt wieder einer mit 60 über die Landstraße und überholen kann man wegen des Gegenverkehrs und der Kurven nicht. Leise schimpfe ich vor mich hin, zumal ich kurz zuvor gerade als fünftes Fahrzeug hinter einem Traktor hergezockelt bin. Jetzt sehe  ich da vorn auch noch das Müllauto, das die halbe Straße versperrt und  den Verkehr aufhält. Was wird mich den noch alles erwarten auf den paar Kilometern zwischen Wohnung und Arbeit?
Da klingelt das Telefon. Natürlich über die Freisprechanlage melde ich mich. Mein Sohn ist dran und fragt, wie es mir geht. Ich erzähle ihm, dass ich von Traktor, Langsamfahrer und Müllauto genervt bin.  „Armer Papa!“ meint mein Sohn. Ihm sei bislang nichts dergleichen widerfahren auf seinem Weg. „Ich stecke hier nur seit 30 Minuten im Stau“, sagt er trocken. Ich stutze, lache und erkenne: Hindernisse sind eben relativ.
PS: Ich war schon lange auf Arbeit, als mein Sohn sich noch einmal meldete und kund tat, er sei jetzt im Stau ein  beträchtliches Stück vorgerückt.

Hexerei nach 30 Jahren

Vor der Walpurgisnacht, in der ja die Hexen los sein sollen,  gehen mir wieder die Zeilen  eines Kinderbüchleins durch den Kopf. „Morgens früh um sechs kommt die kleine Hex’, morgens früh um sieben schabt sie gelbe Rüben, morgens früh um acht wird Kaffee gemacht, morgens früh um neune geht sie in die Scheune, morgens früh um zehne macht sie Holz und  Späne, feuert an um elf …“ Kennen Sie vermutlich auch. Vor mehr als 30 Jahren habe ich meinen Kinder ein ums andere Mal den Text vorgelesen. Irgendwann  konnte ich ihn auswendig. Dann waren die Kinder plötzlich zu groß und es hatte sich ausgehext. Jetzt hatten die zweieinhalbjährigen Enkel   das  Bändchen plötzlich in der Hand und gaben  es mir mit der ultimativen Aufforderung: „Opa lesen, bitte.“ Aber ich brauchte nicht zu lesen, alle Worte waren wieder da bis hin zu: „…kocht dann bis um zwölf Fröschebein und Krebs und Fisch, hurtig Kinder komm zu Tisch.“ Erstaunlich, was man so alles im Kopf hat.

Alles nur Zufall?

Mein Musiksystem im Auto scheint ein Eigenleben  zu führen. Rund 1200 Musiktitel sind auf dem USB-Stick gespeichert, der die Anlage speist. Ein  ziemliches Sammelsurium von Interpreten, die ich mag, ist das.  Ganz zufällig werden die Titel abgespielt. Wirklich zufällig? Die Sache fing gestern Morgen ganz harmlos an.  Das System suchte sich „Hallelujah“ von Deep Purple heraus. Im Anschluss daran spielte es von Leonard Cohen  – „Hallelujah“.  Da wurde ich noch nicht stutzig. Erst als  der nächste Titel von Harry Belafonte kam – „Hallelujah, I love her so“. Und um  die Sache rund zu machen, kam anschließend eine andere Version desselben Titels  von Belafonte. Ich bin mir sicher, dass ich mehr „Hallelujah“ nicht auf dem Stick habe. Also wie wahrscheinlich ist es, dass ganz zufällig hintereinander diese vier Songs kommen? Eher unwahrscheinlich.  Also doch nur Zufall? Ich glaube nicht recht daran. Bestimmt steckt irgendeine geheime  Botschaft dahinter. Aber  welche und von wem?
Ich weiß es nicht – Hallelujah.

Die Zehn-Cent-Falle

Die Uhr am Rathausturm hatte gerade  die vierte Nachmittagsstunde geschlagen. Auch meine Armbanduhr zeigte bereits nach vier Uhr an, ebenso  die Uhr des Handys. Also kramte ich einen Euro aus dem Portemonnaie, um für die letzte gebührenpflichtige Parkstunde des Tages das Geld in den Parkscheinautomaten  Markt/Leipziger Straße in Weißenfels zu werfen – in Erwartung von 40 Cent Rückgeld, weil ja die knappe Stunde 60 Cent kostet. Doch der Automat rückte nur 30 Cent heraus, um mich bis 17 Uhr ungeschoren parken zu lassen. Seine innere Uhr war offenbar noch auf vor 16 Uhr geeicht.  Ein wenig fühlte ich mich schon betrogen, auch wenn es nur zehn Cent waren.
Aber damit schließt man ja schnell Frieden. Ich betrachte es als Spende an die Stadt und möchte, dass sie für die Kinderbetreuung eingesetzt wird. Nicht die zehn  Cent alleine, sondern alle, die auf diese Weise im Laufe des Jahres  ungerechtfertigt anfallen. Auf  Spendenquittungen verzichten wir Parkscheinautomatenspender.

Spaß an der Reklamation

Der Übergang von der Glühlampe über den Umweg Energiesparlampe zur LED hat das Leuchtendesign revolutioniert. Die Formen, die man sich ins Wohnzimmer hängen oder stellen kann, sind teils spektakulär. Die Leuchten haben   aber auch ihren Preis. Um so ärgerlicher ist es, wenn trotz drei oder fünf Jahren Garantie die Lämpchen ausfallen. Sollte man meinen.
Aber  ich bekomme langsam Spaß an den Reklamationen.  Vor drei Jahren  holte ich die erste LED-Stehlampe neben meinen heimischen Sessel.   Nach wenigen Monaten hatte sie einen  Defekt. Das gleiche Modell gab es nicht mehr, also tauschte ich gegen ein anderes, schöneres.  Das hielt etwa ebenso lange. Einer erneute Veränderung stand nichts mehr im Wege. Die dritte Leuchte kam im April 2015 ins Zimmer. Sie hielt bis vor kurzem. Letzten Samstag habe ich sie wegen defekter LED umgetauscht. Natürlich gegen eine völlig andere, schönere. So viel Veränderung  der Wohnungseinrichtung in so kurzer Zeit hatte ich  noch nie.

Die Tücken des Starts

Es gibt Sachen, die vergisst man wohl sein Lebtag nicht. Dabei handelt es sich um recht simple Dinge, zumindest aus heutiger Sicht. Fällt die Temperatur nachts tief in den Keller, dann zucke ich immer noch mal kurz zusammen und fange an, mir Sorgen ums morgendliche Fortkommen zu machen. Ich gehöre nämlich zur trabantgeprägten Generation.
Nicht nur einmal versuchte ich nach einer kalten Nacht, das Zwickauer Gefährt zu starten, ohne dass es auch nur das leiseste Geräusch gegeben hätte. Die Batterie hatte versagt. Irgendwann hatte ich die Nase voll davon und baute die Batterie abends aus, nahm sie mit in die wohlig warme Wohnung und gönnte ihr ein kuscheliges Plätzchen. Morgens habe ich den Akku dann wieder eingebaut und konnte den Motor getrost starten. Angesicht der minus 13 Grad am Morgen, die es ja im Januar schon mal gab, kam mir das wieder mal in den Sinn; und zugleich der Gedanke, dass ich bei den heutigen Autos nicht mal wüsste, wie ich an die Batterie rankommen sollte

Ich will nicht!

Ich ahne es bei der Annäherung an mein Auto. Wie die ausgestreuten Brotkrumen bei Hänsel und Gretel liegen sie auf dem Parkplatz verteilt. Aber im Unterschied zum Märchen picken sie nicht die Vögel weg, sondern verweht sie höchstens der Wind.
Und tatsächlich an meinem Auto zwischen Scheibe und Gummi steckt das visitenkartengroße Pappschild mit dem Aufdruck: „Kaufe Ihr Auto.“ Dazu Firmenname und Telefonnummer. Ich bin versucht, das Kärtchen fallen zu lassen, stecke es dann doch ein. Einerseits aus Ordnungssinn, um es zu Hause in der Papiertonne zu versenken. Anderseits, weil mich schon ein paar Mal der Gedanke durchzuckt hat, dort anzurufen, um zu sagen, dass ich mein Auto gar nicht verkaufen will.
Leider habe ich das Kärtchen doch in die Tonne geworfen. Deshalb auf diesem Weg: „Nein, ich will nicht verkaufen, jetzt nicht, morgen nicht und nicht in absehbarer Zeit.“ Leider wird es nichts nützen, das nächste Kärtchen kommt bestimmt, vielleicht schon heute.